26. Juni 2024

Maverick Buying – Anarchie im Einkauf

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Dieser Moment, wenn sich herausstellt, dass eine vermeintliche Abkürzung so gar keine gute Idee war… kommt bekannt vor? Ähnlich verhält es sich beim Maverick Buying, also der unautorisierten Beschaffung an den Standardprozessen des Einkaufs vorbei. Es gibt viele Gründe, warum dies geschieht, sowie Lösungen, um dem entgegenzuwirken.

 

Maverick Buying klingt zunächst aufregend – es weckt Bilder von einsamen Cowboys, wild und frei, die nur den Gesetzen der Prärie gehorchen. Schließlich geht der Begriff auf den texanischen Viehzüchter Samuel A. Maverick zurück, der sein Vieh im Gegensatz zu anderen Züchtern nicht brandmarkte. Der Einkaufsprozess jedoch ist alles andere als der Wilde Westen, denn er ist ein komplexes Netz aus Verhandlungen, Vereinbarungen, Sicherheitsmaßnahmen, Risikomanagement und Budgetbeschränkungen. Dieses Netzwerk wurde von Experten mit viel Aufwand und Hingabe über lange Zeit hinweg und nach ökonomischen Gesichtspunkten aufgebaut.

Dennoch setzen sich Mitarbeiter bzw. Abteilungen über diese Leitschranken hinweg. Dies geschieht auf zwei Arten.

  1. Umgehung des Einkaufs: Der Mitarbeiter wählt selbst den Lieferanten aus und verhandelt die Konditionen. Der gesamte Einkaufsvorgang findet ohne die Beteiligung der Einkaufsabteilung statt, die erst durch die Nachfrage der Finanzabteilung (es fehlt ein Auftrag im System) davon erfährt.
  2. Umgehung des Rahmenvertrags: Der Einkauf ist zwar in die Auswahl des Lieferanten eingebunden, jedoch werden die Konditionen des bestehenden Vertrags nicht genutzt. Beispielsweise werden Alternativen zu den verhandelten Teilen gekauft oder die ausgehandelten Preise nicht berücksichtigt.

 

Warum passiert Maverick Buying?

 

  1. Naives Maverick Buying: Ein Mitarbeiter kennt den Beschaffungsprozess seines Unternehmens nicht und handelt daher eigenmächtig.
  2. Impulsives Maverick Buying: Ein Mitarbeiter ist sich bewusst, dass er das Protokoll ignoriert, glaubt aber, dass sein Unternehmen keinen Schaden nimmt.
  3. Kalkuliertes Maverick Buying: Ein Mitarbeiter oder eine Abteilung entscheidet bewusst, die offiziellen Beschaffungskanäle zu umgehen, obwohl dies dem Unternehmen schaden könnte.
  4. Panik Maverick Buying: Es gibt einen dringenden Grund, den etablierten Beschaffungsprozess zu umgehen, beispielsweise um schnell Produkte oder Dienstleistungen zu beschaffen, die im Beschaffungsprozess noch nicht gut vertreten sind.

 

Welche Auswirkungen hat Maverick Buying auf ein Unternehmen?

Viele Unternehmen tolerieren diese vier Arten der Umgehung des Beschaffungsprozesses stillschweigend. Laut einer Studie der Universität Leipzig betrifft Maverick Buying in vielen Organisationen über 25 % der Einkäufe. Dies bedeutet, dass:

  • Eine von vier Rechnungen eines Unternehmens nicht durch das zentrale Einkaufsbüro geht und keine entsprechende Bestellung im ERP-System des Unternehmens hat.

Es ist offensichtlich, dass dieses Kaufverhalten das Unternehmen negativ beeinflusst, unabhängig von den dahinterstehenden Absichten. In einem Artikel über Maverick Buying und dessen Bedeutung für den Einkauf nennt Peter Pruetting einige dieser Konsequenzen, die wir in der folgenden Liste ergänzt haben:

  • Kostensteigerung: Es entsteht zusätzlicher Arbeitsaufwand für die Buchhaltung, den Einkauf und die Wareneingangsprüfung.
  • Vertragsverhandlungen: Die Einkaufsabteilung kann diese Waren bei Vertragsverhandlungen mit Lieferanten nicht berücksichtigen.
  • Wahre Nachfrage nicht abbildbar: Die zentrale Einkaufsabteilung kann die tatsächliche Nachfrage nach einem Artikel nicht einschätzen.
  • Qualitätsprobleme: Bei Qualitätsproblemen mit diesen Artikeln könnten Probleme auftreten, da diese nicht professionell verhandelt und vertraglich festgelegt wurden.
  • Risikomanagement: Das Risikomanagement der zentralen Einkaufsabteilung greift nicht.
  • Verwaltungskosten: Eine große Anzahl von Lieferanten erhöht sowohl den Verwaltungsaufwand als auch die Kosten.
  • Kostenüberblick: Es wird schwieriger, den Überblick über die Kosten zu behalten.

Nicht zu vergessen ist der signifikant negative Einfluss von Maverick Buying auf die Preisgestaltung eines Unternehmens. Ein guter Einkäufer ist auch ein guter Verhandlungsführer. Die Bedingungen in Rahmenverträgen mit Lieferanten sind in der Regel rigoros verhandelt und basieren auf klar definierten Einkaufsmengen. Die Differenz zwischen einem verhandelten und einem nicht verhandelten Preis kann erheblich sein, was Maverick Buying für ein Unternehmen sehr teuer machen kann.

 

Wie kann man Maverick Buying verhindern?

Um zu verhindern, dass Bestellungen die Einkaufsabteilung umgehen, benötigen Sie klare, verbindliche Regeln und einen IT-unterstützten Beschaffungsprozess. Damit diese erfolgreich sind, müssen Ihre Einkaufsprozesse zunächst transparent und leicht verständlich gemacht werden.

Aus unserer Erfahrung haben Unternehmen erfolgreich Maverick Buying bekämpft mit folgenden Maßnahmen:

  • Prozesse und Verantwortlichkeiten klar kommunizieren: Kommunizieren Sie den Beschaffungsprozess in Ihrem Unternehmen an alle Mitarbeiter über verschiedene Kommunikationskanäle wie Präsentationen bei der Einführung neuer Mitarbeiter, klare Anweisungen auf Ihrem Intranet und Updates oder Erinnerungen per E-Mail.
  • Konsequenzen von Maverick Buying klar kommunizieren: Es reicht nicht aus, den Prozess klar zu erklären. Mitarbeiter müssen die Auswirkungen von unautorisierten Käufen auf das Unternehmen verstehen. Außerdem sollten die persönlichen Konsequenzen für Regelverstöße deutlich gemacht werden – bis hin zu einer Verwarnung und fristlosen Kündigung.
  • Einfaches, automatisiertes Beschaffungssystem: Der beste Weg, Maverick Buying zu stoppen, ist, den Beschaffungsprozess so einfach wie möglich zu gestalten. Hier kann die Digitalisierung helfen, indem sie den Arbeitsaufwand und die Komplexität für alle Seiten reduziert. Eine digitale Transformation Ihres Purchase-to-Pay-Prozesses umfasst die Digitalisierung der folgenden Phasen:
    • Bestellungen
    • Aufträge
    • Wareneingang
    • Rechnungsstellung

Die Consult-SK kann Ihnen helfen, Ihre Prozesse zu automatisieren, mit Workflow-Management- und Genehmigungslösungen, kombiniert mit unserer erfolgreichen Purchase-to-Pay-Lösung.

 

Vorteile der vollständigen Digitalisierung Ihres Beschaffungsprozesses:

  • Schnellere Beschaffung: Schnellere Abwicklung vom Einkauf bis zur Bezahlung.
  • Einhaltung des Prozesses: Sicherstellen, dass Mitarbeiter sich an den Prozess halten und nur innerhalb ihrer Verantwortungsbereiche handeln.
  • Bessere Kostenkontrolle: Besserer Überblick über Bestellungen und Ausgaben.
  • Weniger Fehler: Weniger Fehler durch geringere oder keine manuelle Eingriffe im Prozess.